Die Entscheidung der Bundesregierung, die Stromsteuer künftig nur für energieintensive Industriebetriebe zu senken, sorgt in Schleswig-Holstein für scharfe Kritik. Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) des Landes spricht von einem schweren politischen Fehler – vor allem, weil die Maßnahme nach Ansicht vieler mittelständischer Unternehmer den Geist des Koalitionsvertrages untergräbt. „Es ist ein klarer Wortbruch“, erklärt Stefan Lange, Landesvorsitzender der MIT Schleswig-Holstein. „Im Koalitionsvertrag steht unmissverständlich, dass die Stromsteuer für alle auf das EU-Mindestniveau abgesenkt werden soll. Dass nun ausgerechnet der Mittelstand ausgeschlossen wird, ist für viele Betriebe nicht nur wirtschaftlich ein Rückschlag, sondern auch politisch ein herber Vertrauensverlust.“ Der Mittelstand, darunter Handwerksbetriebe, kleinere Industrieunternehmen und Dienstleister, trägt einen erheblichen Teil der Wirtschaftsleistung – leidet aber ebenso unter den hohen Strompreisen wie die Großindustrie. In vielen Betrieben machen die Energiekosten inzwischen 10 bis 20 Prozent der laufenden Betriebsausgaben aus. Eine moderate Senkung der Stromsteuer würde hier eine spürbare Entlastung bringen. „Eine Tischlerei in Rendsburg mit einem Jahresverbrauch von 150.000 Kilowattstunden könnte bei einer allgemeinen Absenkung um nur zwei Cent pro Kilowattstunde rund 3.000 Euro im Jahr einsparen“, so Lange. Doch solche Betriebe sollen nach den aktuellen Plänen der Bundesregierung leer ausgehen. Neben der finanziellen Entlastung sieht die MIT auch die Transformation hin zu klimafreundlicheren Technologien gefährdet. Viele kleine und mittlere Unternehmen investieren bereits in Wärmepumpen, Elektromobilität oder energieeffiziente Produktionsanlagen – nicht zuletzt auch auf politisches Drängen hin. Bleibt die steuerliche Entlastung jedoch aus, rechnen sich diese Investitionen oft nicht mehr. Die Industrie- und Handelskammer Schleswig-Holstein warnt bereits, dass die notwendige Transformation zahlreicher Betriebe einen Dämpfer bekommen könnte. Lange betont, dass es nicht nur um kurzfristige Kostenentlastung gehe, sondern auch um Planbarkeit und Verlässlichkeit. „Viele Betriebe haben in gutem Glauben auf politische Zusagen vertraut – auch wir als Wirtschaftsflügel der Union haben das Versprechen der allgemeinen Stromsteuersenkung immer unterstützt. Wenn jetzt nur einzelne Branchen bevorzugt werden, gefährdet das das Vertrauen in die Verlässlichkeit der Politik insgesamt.“ Zugleich fordert Lange von seiner eigenen Partei, der CDU, klare Korrekturen im parlamentarischen Verfahren. „CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hat völlig recht, wenn er sich für eine Stromsteuerabsenkung für alle ausspricht. Die Maßnahme war von Anfang an als Ausgleich für den steigenden CO₂-Preis gedacht – und sie muss allen Unternehmen zugutekommen, nicht nur einigen wenigen Großbetrieben“, so Lange. Ein Beispiel aus Eutin macht deutlich, was auf dem Spiel steht: Ein kleiner Milchbetrieb, der gerade auf eine elektrische Melkanlage umstellt, steht nun vor deutlich höheren Stromkosten. Ohne Entlastung steigt der laufende Energieaufwand um bis zu fünf Prozent – was die Amortisation der Investition massiv verzögert. „Gerade solche Betriebe sind das Rückgrat unserer Wirtschaft“, warnt Lange. „Wenn wir sie außen vor lassen, verlieren wir Wettbewerbsfähigkeit – und langfristig auch Vertrauen in unsere wirtschaftspolitische Glaubwürdigkeit, welche wichtiger ist denn je!“ Der MIT-Landeschef appelliert daher eindringlich an die Unionsfraktion im Bundestag, im weiteren Gesetzgebungsverfahren aktiv zu werden. Die Rückkehr zur ursprünglichen Vereinbarung im Koalitionsvertrag sei nicht nur möglich, sondern dringend notwendig. „Es ist noch nicht zu spät, diesen Fehler zu korrigieren. Mittelstand, Handwerk und kleine Dienstleister dürfen in dieser Debatte nicht unter die Räder geraten.“
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